Ludmillenhof Sögel seitlich 

SAMTGEMEINDE SÖGEL

Kundgebung gegen Rechtsextremismus

Die Samtgemeinde Sögel hatte alle Bürgerinnen und Bürger aus der Samtgemeinde Sögel und Umgebung zu einer Kundgebung auf dem Ludmillenhof eingeladen, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus und Antisemitismus und gegen die Zerstörung der Demokratie zu setzen. Knapp unter 1.000 Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf; teilweise hielten sie Plakate in die Höhe. Mit der großen Resonanz zeigte sich Samtgemeindebürgermeister Frank Klaß in seiner Begrüßung durchaus zufrieden. Als Gastredner waren Europaabgeordneter Jens Gieseke, Pfarrer Jürgen Krallmann und Pastor Matthias Voss, Thomas Kock vom Hümmling Hospital und Michael Engbers vom Marstall Clemenswerth zugegen.

An dieser Stelle geben wir Zitate der Redner wieder:

Klaß: „Vor dem Hintergrund und dem Wissen um die dunkle Historie unseres Landes müssen wir uns deshalb fragen, warum es Extremisten immer wieder gelingt, viele Menschen von ihrer wirren, auf Hass und Ausgrenzung abzielenden Schlussfolgerungen aus den Problemen unserer Zeit zu überzeugen. Tatsächlich haben wir mit der Energiekrise, der ins Schlingern geratenen Wirtschaft und dem Krieg in der Ukraine echte Probleme, die die Menschen, ich nehme mich da gar nicht aus, stark verunsichern. Viele Menschen haben aufgrund der Situation finanzielle Sorgen und Zukunftsängste. Diesem Umstand muss die Politik, müssen wir, mehr als bisher geschehen gerecht werden. Notwendige Maßnahmen müssen noch besser erklärt, die Nöte der Menschen gesehen, die Menschen an vielen Stellen schlicht mehr mitgenommen werden.“

Gieseke: „Heute hier zu sein ist wichtig. Wichtiger ist aber, dass es nicht dabei bleibt. Wir müssen wachsam sein und den Extremismus bekämpfen. Die Lehre aus unserer Geschichte sollte sein: Schützen wir unsere Werte, unseren Rechtsstaat, unsere Institution, die Gewaltenteilung, unsere Demokratie, nicht erst in der Not, sondern tragen wir jeden Tag aufs Neue dazu bei, die Demokratie zu verteidigen. Weil Demokratien nicht auf einmal mit Vorwarnung mit einem Knall enden, sondern weil sowas schleichend passiert.“

Gieseke: „Was muss noch passieren? Wann wachen wir auf? Wir alle merken, dass sich an der Qualität der schamlosen Aussagen von AfD-Funktionären und ihnen nahestehenden Personen etwas verändert hat. Wer in diesem Land Pläne schmiedet, eingebürgerte und integrierte Menschen nur aufgrund ihrer Herkunft auszuweisen und zu deportieren, der stellt nicht nur eine Gefahr für diese Mitmenschen, sondern für die Demokratie in unserem Land dar!“

Matthias Voss/Jürgen Krallmann: „Wir stehen beruflich oft auf dem Friedhof, begleiten Menschen auf dem letzten Weg. Das sind jetzt häufig Menschen mit den Jahrgängen 30 und 40. Die Lebensgeschichten dieser Menschen sind ganz verschieden, aber eines eint sie: Sie haben sich als Menschen der zweiten Chance verstanden. Die zweite Chance nach dem Nationalsozialismus. In jeder dieser Biographien Wunden: Der gefallene Bruder, die Vertreibung aus Pommern, Schlesien oder Ostpreußen. Der ganz neue Anfang mit Nichts. Und in jeder dieser Biographien ist die Dankbarkeit zu lesen für die zweite Chance, die sie bekommen haben: In ihrem Fleiß, in ihrer Sorge, in ihrem erfolgreichen Bemühen, hier ein Land aufzubauen, in dem das, was sie erlebt haben, nie wieder geschehen soll.

Nicht alle sind schon tot. Mit manchen kann ich noch sprechen - und viele von ihnen mahnen, sie sagen: So hat es damals angefangen: Es hat angefangen mit einer Partei, die sich wie die AFD heute demokratisch gab und wählen ließ, um dann die Demokratie zu vernichten. Es hat angefangen mit der Idee, dass Menschen deportiert und vernichtet werden müssen, weil sie keinen Wert und keine Rechte besitzen. Es hat angefangen mit erlogenen Nachrichten und manipulierter Information.

So fängt es gerade in diesen 20er Jahren wieder an!“ Kock: „Ich stehe heute vor Ihnen als Vertreter eines Krankenhauses mit über 600 Mitarbeitern, das stolz auf seine Vielfalt ist. In unseren Gängen und Räumen arbeiten Menschen aus über 20  Ländern seit vielen Jahren Seite an Seite erfolgreich zusammen, vereint durch eine gemeinsame Mission: die Gesundheit und das Wohlbefinden aller unserer Patienten zu fördern. In diesem vielfältigen Umfeld wird täglich deutlich, dass der Respekt vor unterschiedlichen Hintergründen und Kulturen die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist. Wir erleben die Stärke der Einheit in der Vielfalt, sei es bei der Pflege am Krankenbett oder im interdisziplinären Austausch.  Ohne die Unterstützung unserer gut ausgebildeten und geschätzten Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt würde die Versorgung unserer Patienten zusammenbrechen.“  

Engbers: „Demokratie leben! – Eine Idee vom Glück; Demokratie ist das Beste, was wir haben. Das darf auch ich-bezogen gesehen werden: Meine Würde ist unantastbar, meine Freiheit ist geschützt, ich bin nicht der Willkür der Stärke ausgeliefert, sondern es gibt einen Rechtsstaat. Keine Demokratie heißt, was mit mir passiert, hängt von der Laune und dem Wohlwollen der Stärkeren ab.“

Engbers: „Wir vermitteln unseren jungen Kursteilnehmern: Demokratie muss man lernen, die Meinung des anderen aushalten, Kompromisse schließen, manchmal dauert es länger – aber es lohnt sich. Dabei gilt als Werteorientierung die Achtung und der Respekt vor Mensch, Schöpfung und Schöpfer. Und das Extremismus niemals eine Alternative ist!“

Klaß: „Demokratie, Freiheit und die Verteidigung der Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft sind keine Einbahnstraße oder gar ein Selbstläufer. Da ist jeder, da bin ich, da sind Sie, da bist Du gefordert. Deshalb danke ich euch, dass wir alle hier heut Flagge zeigen! Das Emsland ist vielfältig, demokratisch und bunt, das soll, das muss so bleiben. Bleiben wir entschlossen und stark. Nie wieder ist jetzt. Nie wieder ist immer!“